Zu den Voraussetzungen für die Inobhutnahme

§ 42 Abs. 1 SGB VIII

1. Eine Inobhutnahme ist rechtswidrig, wenn keine dringende Gefahr vorliegt und eine familiengerichtliche Entscheidung rechtzeitig hätte eingeholt werden können.

2. Eine dringende Gefahr im Sinne der genannten Bestimmung muss indes – angesichts des mit der Inobhutnahme bewirkten schwerwiegenden Eingriffs in das Elternrecht – stets eine konkrete Gefahr sein.

3. Nicht entscheidend ist, ob das Familiengericht vor der Inobhutnahme noch hätte angerufen werden können, sondern, ob eine familiengerichtliche Entscheidung, und sei es eine einstweilige Anordnung, noch rechtzeitig hätte erwirkt werden können, um der Kindeswohlgefährdung zu begegnen.

OVG Münster, Beschluss vom 29.10.2021 – 12 A 1403/18

Konflikt der Eltern und gemeinsame elterliche Sorge

Keine gemeinsame Sorge bei nachhaltig gestörter Kommunikation
Das OLG Brandenburg hat erneut festgehalten, dass die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge ausscheidet, wenn das die schwerwiegende und nachhaltige Störung der Kommunikation zwischen den Eltern befürchten lässt, dass gemeinsam zu treffende Entscheidungen nicht möglich sein werden und das Kind dadurch erheblich belastet und so das Kindeswohl beeinträchtigt wird.

Vorliegen einer Kommunikationsstörung ziwschen den Eltern
Eine schwere und nachhaltige Störung der Kommunikation zwischen den Eltern ist bereits dann anzunehmen, wenn sie zwar regelmäßig in Kontakt treten, aber unfähig sind, sich über die Belange des Kindes mit der gebotenen Sachlichkeit und so zu einer angemessenen Entscheidungsfindung zu gelangen.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kommunikation missglückt, destruktiv und damit tendentiell eskalationsgefährdet ist.

OLG Brandenburg, 27.9.2016, 13 UF 64/16

Auskunft über persönliche Verhältnisse des Kindes

Anspruchsgegner des § 1686 BGB muss das Kind nicht in Obhut haben
Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB kann auch gegen eine Person gerichtet sein, bei der das Kind nicht in Obhut ist. Auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil kann demnach als Anspruchsgegner des Auskunftsverlangens in Betracht kommen.

Anspruchsberechtigt kann auch sein, wer in der rechtlichen Stellung einem Elternteil vergleichbar ist
Auch wer nicht Elternteil, in seiner rechtlichen Stellung aber einem Elternteil vergleichbar ist, kann in analoger Anwendung des § 1686 BGB den Auskunftsanspruch geltend machen.

berechtigtes Interesse an der Auskunft
Das berechtigte Interesse im Sinne des § 1686 BGB ist dann zu bejahen, wenn keine andere zumutbare Möglichkeit besteht, sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu unterrichten.

BGH, 14.12.2016, XII ZB 345/16